Mit dem Valentinstag vor der Tür tauchen wir ein in Liebe von Marketers für Erotik. Woher kommt diese Liebe und stimmt das Sprichwort "Sex sells" (noch)? Trägt es zur Markenbindung und Markenerinnerung bei? In diesem Blog werfen wir einen kritischen Blick auf die Feinheiten dieser Dynamik und zeigen, wie Sie die Kraft von Sexualität und Liebe nutzen können, ohne dem eigenen Markenimage zu schaden.
Sex sells: Fakt oder Fiktion?
Die Idee, dass "Sex sells", ist in der Werbewelt fest verankert. Produkte werden oft mit attraktiven Models und anzüglichen Bildern verbunden, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erregen. Das Ziel der erotisch angehauchten Inhalte ist - wenig überraschend - erotische Gedanken zu aktivieren. Diese als positiv empfundenen Emotionen sollen sich auch positiv auf die Einstellung zur Marke und somit auf den Umsatz auswirken. Aber ist das wirklich so? Und was zeigt die Wissenschaft?
In den letzten Jahrzehnten wurden verschiedene Studien zum Effekt sexueller Inhalte in der Werbung durchgeführt. Was in all diesen Studien auffällt, ist, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage "Sells Sex?" gibt. Untersuchungen von King et al. und Leka et al. zeigen zum Beispiel, dass sexuell aufgeladene Anzeigen dazu führen können, dass sich an die Werbung besser erinnert wird. Es ist jedoch unklar, ob diese Art von Werbung auch zu einer Steigerung der Markenerinnerung und einer Erhöhung der Kaufabsicht führt.
Das Hinzufügen von sexuellen Inhalten birgt auch Risiken. Studien von Parker & Furnham und King et al. zeigen, dass die Verwendung von sexuellen Inhalten die Verbraucher von dem eigentlichen Produkt oder der Botschaft ablenkt.
Die Forschung von Lawrence, Furnham und McClelland geht tiefer auf die Markenerinnerung (Brand recognition) ein. Die Studie zeigt, dass sexuell aufgeladene Anzeigen eine schlechtere Markenerinnerung aufweisen als nicht-sexuell geladene. Die Forscher geben sogar an, dass die Verwendung von Sexualität in Anzeigen kein effektiver Weg ist, um die Markenbekanntheit zu verbessern.
Die Celebrity-Kampagnen von Calvin Klein scheinen das Ergebnis dieser Studie zu bestätigen. Als Calvin Klein die Werbung mit Brooke Shields veröffentlichte (siehe Bild oben), wurde in den Geschäften oft nach "The Brooke Shields jeans" gefragt. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Kampagne eingestellt. Nicht ganz unlogisch - denn Calvin Klein möchte schließlich Calvin Klein-Hosen verkaufen und keine Brooke Shields-Hosen.
Erotischer Inhalt im Kontext
Offensichtlich sind Werbungen mit erotischen Inhalten nicht sehr effektiv für die Markenverknüpfung, dennoch sind Marken wie Calvin Klein, Abercrombie & Fitch und Victoria's Secret, sowie (fast) alle Parfums, genau damit groß geworden. Die Nuance liegt im beworbenen Produkt. Wir sehen es (jedenfalls in der westlichen Gesellschaft) als "normal" an, dass in Mode-Kampagnen viel Haut gezeigt wird.
Dass erotische Inhalte in einem unklaren Kontext zum Beispiel Abneigung hervorrufen können, haben wir selbst als Ergebnis in unserer fMRT-Studie zur neuen Calvin Klein-Werbung mit Jeremy Allen White gefunden.
In diesem Werbespot wird die Marke zu spät eingeblendet, wodurch auch die Markenverknüpfung zu spät hergestellt wird, mit allen negativen Folgen. Während des Verlauf des Werbespots werden hauptsächlich negative Emotionen hervorgerufen, die, wenn der Absender (Calvin Klein) im Bild erscheint, nicht mehr beseitigt werden können.
Auch aus der Online-Umfrage, die wir nach den MRT-Scans durchgeführt haben, ging hervor, dass es für den Zuschauer unklar ist, warum jemand halbnackt durch das Bild läuft. Und die Markenerinnerung war schlecht: Nur 48% der Befragten konnten angeben, von wem der Werbespot war. Und das, obwohl unser Benchmark für spontane Markenverknüpfung bei 91% liegt.
Durch die Eye-Tracking-Analyse (oben: rote Punkte zeigen, wohin Menschen schauen) erkennen wir, dass die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf den Körper und nicht auf die Marke auf der Unterwäsche gerichtet ist.
Sex sells: wann ja, wann nicht?
Vergleichen wir alle Studien miteinander, können wir wertvolle Schlussfolgerungen ziehen. Der wichtigste Punkt: die Relevanz. Wenn es keine logische Verbindung zwischen der erzeugten Emotion und dem Produkt gibt, zieht Erotik die Aufmerksamkeit auf sich, verändert jedoch nicht die Einstellung zum Produkt. In diesem Fall spricht man von "Sex attracts".
Ein schöner Mann oder eine schöne Frau in der Werbung für ein Parfüm für Männer oder Frauen macht das Produkt begehrenswerter. Aber eine schöne Frau neben einem Auto auf einer Messe lässt den Mann denken: "Was für eine schöne Frraauto". Es findet ein "emotionaler Transfer" statt, der nicht unbedingt zu Begehren, sondern lediglich zu Aufmerksamkeit führt.
Eine weitere Schlussfolgerung ist, dass der Zeitpunkt der Verknüpfung eine wichtige Rolle spielt. Ein Mann, der in einem Werbespot für eine Unterwäschemarke in seiner Unterhose herumläuft, ist völlig normal. Aber dass dies erst in den letzten 3 Sekunden des Films deutlich wird, hat die Irritation beim Zuschauer so stark erhöht, dass selbst eine starke Marke wie Calvin Klein das nicht mehr gerade biegen kann.
Somit auch die letzte Schlussfolgerung ist, und zwar dass es einfach besser ist, sich davon fernzuhalten. Die Grenze zwischen Erotik und Sex ist dünn und wenn man diese "fine line" überschreitet, schadet man seinem Markenimage mehr als man ihm nützt.
Kurz gesagt: Erotik ist ein interessantes Spielfeld für stark emotionale Produkte, aber Sex ist "sooo überbewertet" - Zumindest in der Werbung.
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