Hintergrund
Wir wollten wissen, ob es einen Unterscheid in der Wirksamkeit von kurzen und langen Werbungen gibt. Dazu haben wir zwei Werbungen von Kärcher getestet. Kärcher ist ein weltweit führendes Unternehmen auf dem Gebiet der Reinigungstechnik und dem Verkauf von Reinigungsgeräten. Unter den Kärcher-Werbungen testeten wir eine gekürzte Version und die Originalversion eines Werbespots. Die Spots haben wir mithilfe von Neuroforschung auf die Balance von Emotionen untersucht.
Die Forschungsfrage
Welcher Werbespot ist effektiver: der kurze oder der lange Spot?
Wie können wir die Effektivität von Werbungen vorhersagen?
Für eine wirksame Werbung ist es wichtig, dass eine gute Balance zwischen positiven und negativen Emotionen besteht. Es müssen jedoch immer mehr positive als negative Emotionen erzeugt werden.
Mittels fMRT ermitteln wir die unbewussten Emotionen, die die Werbespots hervorrufen. Um der Forschungsfrage nachzugehen haben wir zwei Kärcher Werbespots getestet. Einen in der längeren Originalversion (32 Sekunden) und einen in einer gekürzten (21 Sekunden) Version (siehe Videos unten).
Originalversion (lange Version):
Gekürzte Version:
Durch unsere Ad-Testing Methode können wir anhand von neurowissenschaftlichen Hirnscans erkennen, welche Gehirnbereiche durch welche Szenen der Werbung aktiviert werden. Die neuronalen Muster der Hirnscans zeigen die intuitiven und automatischen Gehirnreaktionen. Sie bilden 13 Dimensionen ab, welche in positive und negative Emotionen, sowie Werte für Engagement und Impact unterschieden werden. Anhand der aktivierten Bereiche im Gehirn können wir so ermitteln, welche Emotionen durch die Werbung aktiviert werden. Diese unbewussten Emotionen und Dimensionen beeinflussen das Verbraucherverhalten, sprich das Kaufverhalten, stark. Dies lässt sich nur mit fMRT-Forschung messen, denn fMRT ermöglicht den Zugang zu tief verborgenen Bereichen des Gehirns. Da wir die Hirnreaktionen auf Szenenniveau genau untersuchen können, bietet dies die Möglichkeit die beiden Kärcher-Spots zu vergleichen. Dabei haben wir in dieser Studie besonders auf die Merkmale von effektiven Werbungen geachtet .
Die 4 Merkmale einer wirksamen Werbung
Die Effie Awards sind Auszeichnungen für besonders erfolgreiche Werbespots, die herausragende Marketingergebnisse erzielt haben. Wir, bei Neurensics, haben sehr viele Werbungen getestet, alle Effie-Werbungen wiesen vier gemeinsame Merkmale auf. Diese sind in dem Netzdiagramm (unten) dargestellt. Es zeigt verschiedene positive und negative Emotionen (grün und rot), sowie Engagement (lila) und Impact (blau), die durch Werbung ausgelöst werden können.
- Wirksame Werbungen aktivieren vor allem positive Emotionen.
Werbungen, die Verhaltensabsichten (z.B. Kaufabsichten) auslösen, aktivieren hauptsächlich positive Gehirnreaktionen, wie z. B. Verlangen (Desire), Erwartung (Expectation) oder Glaubwürdigkeit (Trust).
- Wirksame Werbungen locken den Verbraucher.
Positive (Kauf-)Emotionen (oben in grün) schaffen Versuchungen, und genau das ist wichtig für die Wirksamkeit einer Werbung.
- Das Gehirn glaubt, dass das Produkt ein lohnendes Gefühl erzeugt.
Der “Wert” (Value, rechts in lila) ist wichtig für die Wirksamkeit einer Werbung, weil er dem Gehirnsoggeriert, dass die Verwendung des betreffenden Produkts ein starkes, belohnendes Gefühl hervorruft.
- Wirksame Werbungen weisen wenig negative Emotionen auf.
Wirksame Werbungen sind viel unauffälliger als lustige oder nervige Werbungen. Tatsächlich lösen lustige oder nervige Werbespots mehr negative Emotionen aus und sind deutlich weniger effektiv.
Vor allem jedoch ist das Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Emotionen entscheidend. Die postiven Emotionen müssen stärker aktiviert werden, denn Belohnung wirkt deutlich besser als Bestrafung.
Ergebnisse
Doch welcher Werbespot ist letztendlich effektiver?
In der Grafik unten ist die Balance zwischen positiven und negativen Emotionen, sowie Werte für Engagement verdeutlicht (links).
Die vertikale Achse (y) zeigt das Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Emotionen. Alles oberhalb der horizontalen (x)-Achse impliziert, dass ein Werbespot mehr positive als negative Emotionen auslöst. Die horizontale (x) Achse zeigt das Engagement: Ein Ausschlag rechts von der vertikalen (y) Achse zeigt ein überdurchschnittliches Engagement, links von der vertikalen (y) Achse ein unterdurchschnittliches Engagement.
Wie Sie sehen, schneidet die kürzere Version (grauer Punkt) beim Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Emotionen besser ab und aktiviert daher mehr positive Emotionen als die längere Version (grüner Punkt).
Das Netzdiagramm (rechts) illustriert das neuronale Muster der Gehirnreaktionen auf die Kurz- (in Grau) und Langversion (in Grün). Auffällig ist, dass die gekürzte Variante mehr Selbstvertrauen (Trust), Erregung (Lust) und Aufmerksamkeit (Attention) erzeugt. Es ist auch zu erkennen, dass die kürzere Version wenig Gefahr (Danger), Abneigung (Disgust) und Angst (Fear) hervorruft und vor allem weniger als die längere Version.
Daher zeigt das Ergebnis unserer Studie, dass die kürzere Version besser abschneidet. Dies ist durchaus überraschend, denn die längere Version wurde auch im Fernsehen ausgestrahlt. Dennoch zeigt die kürzere Version ein besseres Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Emotionen. Das liegt daran, dass in der kürzeren Version weniger negative Emotionen hervorgerufen werden. In der Kurzfassung werden die rennenden Kinder zu Beginn des Spots nicht gezeigt, daher liegt der Fokus weniger auf dem besorgten Gesichtsausdruck der Mutter und dafür mehr auf der positiven Problemlösung (die Nutzung des Kärcher Produkts), welches natürlich positive Emotionen im Gehirn aktiviert und zu einem positiven Kaufverhalten anregt.
Fazit
Unsere Studie bestätigt die Relevanz der Balance von Emotionen in Werbungen. Wir haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Emotionen in der Werbung ausgeglichen sind, wobei mehr positive als negative Emotionen erzeugt werden sollten, insbesondere am Ende eines Werbespots. Zudem können wir Werbespots auch testen, bevor der Werbespot live geht oder sogar bevor er gedreht wird, dann testen wir Moving Storyboards. Durch das Testen im Vorfeld lässt sich oft unnötige Werbezeit einsparen und dadurch hohe Kosten für Werbeanzeigen vermeiden.